Gelegenheit macht Diebevon Gioacchino Rossini |
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Premiere am 10. Februar 2005 im Saalbau Neukölln, Berlin
Musikalische Leitung: Marco Comin Regie: Florian Lutz Ausstattung: Pia Wessels, Andrea Nolte Bühnenvideo: Sirko Knüpfer |
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Sybill Mahlke | Tagesspiegel | 14. Februar 2005
Gelegenheit macht Freude
... Mit Rossinis Gelegenheit macht Diebe hat Florian Lutz eine Burletta inszeniert, die das Publikum im Saalbau Neukölln zu hellem Jubel animiert. Eine absurde Jagd auf zwei Ladendiebe durch eine Legion von Polizeiautos entfacht die Verwechslungskomödie um Brautpaare, die einander vorher nicht kannten. Lutz fügt dem Stoff Aspekte des berüchtigten europäischen Heiratsmarktes bei, ohne auf die soziale Tube zu drücken.
Die Farce ereignet sich in einem traulichen Wohnwagen (Ausstattung: Pia Wessels / Andrea Nolte), nimmt Elemente der Commedia dell’arte und des mechanischen Spielwerks auf, bis das kontrollierte Chaos ausbricht und die Bretter der Szenerie auseinander knallen. Die Inszenierung folgt mit ihren fantastischen Einfällen den Rossinischen Steigerungen, die quellfrisch vom Linos Kammerorchester unter Marco Comin kommen. ... Viele Helfer, darunter Alberto Zedda, ermöglichen, dass Gelegenheit junge Künstler promoviert.
Karin Coper | Orpheus Opernmagazin | 7/8 2005
Filmeinblendung, Slapstick und choreographiertes Chaos. FLORIAN LUTZ ist um keinen Einfall verlegen, Rossinis frühe Verwechslungsburleske „Gelegenheit macht Diebe“ aufzupeppen und spritzig über die Rampe des Saalbaus Neukölln zu bringen. Dafür steht ihm am 19. 2. ein junges quick-lebendiges Sängerteam zur Verfügung, das mit vollem stimmlichem und körperlichem Einsatz dabei ist. OLGA PERETYATKO brilliert mit zirzensischen Verzierungen, FLORIAN HOFFMANN lässt geschmeidiges Tenormaterial und gekonnte Höhenflüge hören, ANNEROSE HUMMEL einen beweglichen, vollen Mezzosopran, und KONSTANTIN HEINTEL überzeugt in bester baritonaler Buffomanier. An der Leistung vom Linos Kammerorchester und seinem Leiter MARCO COMIN hat Alberto Zedda, der dem Ensemble als musikalischer Berater zur Seite gestanden hatte, bestimmt seine Freude gehabt. Denn dieser Rossini klingt so wohl ausbalanciert, elegant phrasiert und dynamisch nuanciert, dass man fast vergisst, dass man sich in einer Off-Musiktheaterproduktion befindet.
Volker Blech | Berliner Morgenpost | 18.2.05
Frauenhandel im Wohnwagen Spielfreudiger Rossini ****
Ein drolliger Film wird zur Ouvertüre gezeigt. ... Das Publikum lacht überrascht. Von da ab kann Regisseur Florian Lutz eigentlich machen, was er will: Die Zuschauer mögen seine Inszenierung von Rossinis flotter Opernkomödie ‚Gelegenheit macht Diebe’. Lutz hat die klassischen Verwechslungs-spiele mit leichter Hand und personell gut sortiert in Szene gesetzt. ...
Die Schlafwagen-Berenice mutiert zur singfreudigen Königin der Nacht, und Olga Peretyatko erobert sich mit ihrem kokett glitzernden Koloraturenwerk selbstbewusst den beifallssicheren Platz an der Rampe. Mit einem angenehm warmen, noch nicht durchweg abgestützten Tenor weiß Florian Hoffmann als Alberto, als unbeholfener Brautkäufer, zu gefallen. Konstantin Heintel als Gegenspieler Parmenione offenbart einen vollmundigen Bariton. Dem steht Mezzosopranistin Annerose Hummel als Ernestina nicht nach. Überhaupt haben die risikofreudige Produzentin Janka Voigt und Regisseur Florian Lutz eine wunderbar harmonierende Solistenschar gecastet. Das Linos Kammerorchester ist ein klangfrisch aufspielender und zugleich versierter Sängerbegleiter.
Axel Schock | die taz | 12. Februar 2005
... Das Linos-Kammerorchester unter der Leitung von Marco Comin spielt Rossinis Kompositionen mit einer solch federnden Leichtigkeit, dass die älteren Damen im Publikum sacht ihre frisch dauergewell-ten Häupter im Takt schwenken und sich sichtlich am Belcanto der Sopranistin erfreuen. Dass diese ihre Funktion als Primadonna einerseits perfekt bedient, zugleich aber auch selbstironisch bricht, ist ein Detail, das den beiden Opernliebhaberinnen vielleicht entgeht, das aber den Kunstgenuss dieses Abends auch in keiner Weise beeinträchtigt.
Almut Schröter | Neues Deutschland | 12. Februar 2005
Maßlos ist die Aufführung, extrem in ihren Übertreibungen. ... Das Publikum amüsierte sich köstlich über das knapp zweistündige Stück, spendete Zwischenapplaus und jubelte am Ende den Sängern und dem im tiefen Orchestergraben für Besucher unsichtbaren Linos Kammerorchester unter musikalischer Leitung von Marco Comin zu. ... Ohne zusätzlich Verwirrung zu stiften, baute Regisseur Lutz ein zweites Zeitfenster ein. Schließlich ist der Heiratsmarkt per Internet auf dem globalem Heiratsmarkt heute auch mit dem delikaten Detail versehen, dass sich die Leute nicht kennen. Berenice singt auch Russisch, den Rest kann man sich denken. So wird die Thematik angepiekt. Zum Anprangern ist die komische Oper nicht erfunden worden. Was für den Kulissenwechsel zwischen-durch vonnöten ist, erledigen die Sänger. Martino trägt nicht nur die schärfste Tolle, sondern auch die Fensterfront weg, an die er sich ungeschickt gelehnt hatte. Parmenione reißt nicht nur die ärgsten Possen, er reißt auch Wände ein. All das ist nur in größtem Übermut zu spielen. ... Die Ausstattung ist anfangs bewusst schrill und kitschig, die Kostümierung vordergründig auf weibliche Reize aus. Pia Wessels und Andrea Nolte kommen mit ihrer Ausstattung jedoch später etwas der klassischen Operngarderobe näher.
Bernd-Rüdiger Kern | Magazin der Deutschen Rossini-Gesellschaft | 10.2.05
... Der Dirigent Marco Comin brachte die Musik nicht nur im Linos Kammerorchester, sondern auch auf der Bühne wunderschön im Sinne Rossinis zum Erklingen. Auch insoweit blieben keine Wünsche offen.
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