Così fan tuttevon Wolfgang Amadeus Mozart |
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Premiere am 25. Juni 2011 am Anhaltischen Theater Dessau
Musikalische Leitung: Daniel Carlberg Ausstattung: Joki Tewes / Jana Findeklee |
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SWR 2 Journal am Morgen, Uwe Friedrich, 27. Juni 2011
„Um die Demütigung der Frauen geht es vor allem in dieser Schule der Liebenden, von der im Untertitel von Mozarts „Così fan tutte“ die Rede ist. Sie werden von ihren Männern mittels einer Treueprobe hinters Licht geführt und erniedrigt, nicht ernst genommen und letztlich zerstört. Aber auch die Männer gehen nicht unbeschädigt aus der Versuchsanordnung des vermeintlichen Aufklärers Don Alfonso hervor. Das Vertrauen in die Geliebten ist zerstört, ihre eigenen Gefühle, auch ihr Selbstvertrauen haben irreparabel Schaden genommen. „Così fan tutte“ ist keine Komödie, oder zumindest nicht nur. Wenn Fiordiligi und Dorabella im zweiten Akt doch schwach werden, wenn Ferrando und Guglielmo ihren vermeintlichen Triumph noch auskosten, zeigt sich, ob ein Regisseur die dramatische Fallhöhe und emotionale Tiefe erreichen kann, die für diese Oper so ungeheuer wichtig. Und
Der Dirigent Daniel Carlberg leitet die Aufführung vom Hammerklavier, das er auch während der Arien spielt, wie es von Mozart notiert ist. Ein bißchen flotter hätte es dabei schon zugehen dürfen, vor allem im zweiten Akt könnten auch die Sänger etwas mehr Geschwindigkeit gut vertragen. Besonders angenehm bleibt der Bariton Ulf Paulsen als drahtiger Guglielmo in Erinnerung, auch Ulrike Mayer überzeugt als leicht trutschige Dorabella. Bewundernswert souverän hat sich die kurzfristig eingesprungene Susan Gouthro in diese Kletterinszenierung geworfen.Denn das gesamte Ensemble ist sportlich extrem gefordert auf der vertikalen Simultanbühne. Der Regisseur
Helmut Rohm, Volksstimme, 28.6.2011
„Mozart-Oper "Cosi fan tutte" wird am Anhaltischen Theater bejubelt
... Da sind die beiden Herren Guglielmo (Ulf Paulsen) und Ferrando (Oscar de la Torre), die der Treue ihrer beiden Verlobten total sicher sind. Beide, stimmstark und überzeugend im Spiel, bekunden das aus tiefsten Herzen. Ihre beiden Verlobten, die Schwestern Dorabella (Ulrike Mayer) und Fiordiligi (Susan Gouthro aus Kiel vertritt in zwei Vorstellungen die verletzte Angelina Ruzzafante), glauben andersherum auch an ewige Treue. In schönen, gefühlvoll gesungenen Arien und mehr sprudelnden Duetten verkünden sie mit großen Worten Standhaftigkeit. ... Ulf Paulsen und Oscar de la Torre leben die hinterhältigen Einfälle von Don Alfonso sowie deren teils kurzweilig aktionsreiche Umsetzungen von Doch was soll es: "So machen es alle (Frauen)", heißt es ja im originalen Operntitel.Gut zehn Minuten stürmisch anhaltenden Beifall gibt es vom Publikum..."
Mitteldeutsche Zeitung, Andreas Hillger, 27.06.2011
„Sturmbahn der großen Gefühle
Die Zimmer dieser vertikalen Wohngemeinschaft erinnern an ein berühmtes Computerspiel: Wie Tetris-Steine, die sich trotz perfekter Sortierung nicht auflösen wollen, stapeln und verschachteln sich die Etagen im Haus der Paare. Luken und Leitern verbinden die Module, man muss sich bücken oder strecken, um die nächste Ebene zu erreichen - und landet am Ende doch immer wieder auf dem Boden der Tatsachen. Ein schönes Bild liefert diese Architektur für das größte aller Gefühle, das hier auf die Probe gestellt wird. Denn auch die Liebe ist ja eine Erfahrung in schwindelerregenden Höhen und vor gefährlichen Abgründen. Dass man dieses kostbare Gut nicht mutwillig aufs Spiel setzen sollte, hat Wolfgang Amadeus Mozart schon vor 221 Jahren gewusst. Am Anhaltischen Theater Dessau setzt nun der junge Regisseur Wenn man aber all diese vielen Einfälle vom Sauna-Aufguss bis zum exotischen Maskenball, vom Step-Trainer bis zum Defibrillator in der Leistengegend abzieht, bleibt am Ende eine konventionelle Lesart der alten Geschichte. Denn bei aller Hektik verwischen die Konturen der Figuren, sie rennen vor sich selbst davon oder laufen sich hinterher. Warum die Frauen den gleichen Fehler aus sehr verschiedenen Gründen begehen, wird letztlich ebenso wenig klar wie die Motivation der Männer für ihre Treuewette. Denn schon vor ihrer vermeintlichen Abreise haben die Paare derart gleichgültig nebeneinander hingelebt, dass der Betrug nur eine Frage der Zeit zu sein schien. Musikalisch und darstellerisch bleibt es dennoch ein hörens- und sehenswerter Abend: Susan Gouthro merkt man in keiner Sekunde an, dass sie im letzter Moment als Fiordiligi eingesprungen ist, in ihrer großen Sehnsuchtsarie singt sie das Tollhaus sogar zur Ruhe. Ulrike Mayer hingegen geht als Dorabella mit großer Lust am Spiel und an der - auch vokalen - Verführung zu Werke, was es Ulf Paulsen als selbstironisch und stimmstark auftrumpfender Gugliemo nicht nur im Duett leicht macht. Oskar de la Torre schließlich trägt als Ferrando das Herz auf der Zunge und droht nur am Ende kurz, sich daran zu verschlucken. Und während Kyung-Il Kos Don Alfonso ein dunkler, intellektueller Verführer ist, lebt Sharleen Joynts hinreißende Despina den Leichtsinn vor: Obwohl sie unübersehbar schwanger ist, kann sie verbotenen Genüssen auch weiterhin nicht widerstehen und singt das Loblied des Seitensprungs in höchsten Tönen. Getragen werden sie alle dabei von der Anhaltischen Philharmonie, die unter Daniel Carlbergs Leitung auch im Zusammenspiel mit dem Chor (Einstudierung: Helmut Sonne) eine elastische und transparente Klangrede entwickelt, der nur das Blech manchmal hörbar widerspricht. Am Ende freilich jubelt man unterschiedslos allen zu. Und zurück bleibt ein leerer Setzkasten, in dem - anders als im Leben - jedes Teil zum anderen passt." |